Prozess gegen zwei Antifaschist*innen beginnt in Kürze

Im März 2017 gab es im Aachener Frankenberger Viertel eine Auseinandersetzung zwischen Antifaschist*innen und den zwei organisierten Neonazis Sebastian Lück und Niklas Beckers. In Folge dessen wurden zwei Personen festgenommen, ihnen wurde Landfriedensbruch und Körperverletzung vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft phantasierte kurzerhand „Fluchtgefahr“ herbei und steckte die beiden mit dieser Begründung für über zwei Wochen in Untersuchungshaft.

Die Aachener Lokalpresse (AZ/AN, WDR) trug ihren Teil dazu bei, indem sie sich, wie fast immer, ausschließlich auf die Aussagen der Polizei beriefen (die In diesem Fall maßgeblich auf den Aussagen der Nazis beruhten) und ohne eigene Recherche abdruckten. Dazu wurde in einer tendenziösen Berichterstattung Panik vor einem gewalttätigen Mob geschürt, ohne auf den politischen Hintergrund der Nazis auch nur einzugehen.

Allerdings wurde im Nachhinein auch eine antifaschistische Demo durchs Viertel organisiert sowie eine Kundgebung vor dem Aachener Knast. Außerdem gründete sich das Bündnis „Frankenberger gegen Rechts“.

Wir erleben in Deutschland und auf der ganzen Welt seit einigen Jahren einen massiven Rechtsruck und die weite Verbreitung faschistoider Tendenzen. Dies ist nicht nur in den Parlamenten deutlich sichtbar, sondern parallel dazu und vor allem auf den Straßen. Eins der jüngsten Beispielehierfür sind die Aufmärsche tausender Neonazis zusammen mit AfD- und Pegida-Anhänger*innen Ende August 2018 in Chemnitz. Hierbei kam es u.a. zu Hetzjagden, bei denen Faschist*innen vermeintlich migrantisch aussehende Menschen bepöbelten, angriffen und jagten. Dass Unterkünfte für Geflüchtete angezündet werden ist in Deutschland bereits so alltäglich geworden, dass die Presse es offenbar nicht mehr für notwendig hält, darüber zu berichten oder gar zu recherchieren. Auch antisemitische Äußerungen (bspw. in politischen Reden) und Übergriffe häufen sich.

Solche Übergriffe, die vonseiten der Presse, Politik und Staatsanwaltschaft regelmäßig verharmlost, totgeschwiegen oder mit Bezug auf vermeintlich „begründete Ängste“ indirekt verteidigt werden, sind nur möglich, weil es es eine gesellschaftliche Rückendeckung für Rassismus und Antisemitismus gibt. Seit Jahrzehnten schon fehlt eine Auseinandersetzung mit der organisierten Neonaziszene, die sogar mehr oder weniger offen vom Staat gedeckt und unterstützt wird (Beispiel NSU). Falls sich die Öffentlichkeit dann doch mal nicht vermeiden lässt, werden extrem rechte Motive oft entpolitisiert und es wird von „durchgedrehten Einzeltäter*innen“ gesprochen. Diese Rhetorik lenkt gezielt davon ab, dass Rassismus und Antisemitismus eben keine „Randphänomene“ sind, sondern in der Gesellschaft weit verbreitet und immer noch tief verwurzelt.

Angesichts dieser Zustände ist es unglaublich wichtig, dass Menschen sich auf verschiedenen Ebenen gegen Faschismus wehren, ob auf der Arbeit, im Bus, in der eigenen Familie oder eben auf der Straße. Organisierte Neonazis sind immer eine Gefahr für andere Menschen, egal wo und wie sie auftreten. Sie schalten ihr politisches Bewusstsein nicht aus, wenn sie gerade ein Eis essen oder im Stadion sind. Sie sind immer Faschist*innen. Punkt. Wenn sich Nazis im Frankenberger Viertel rumtreiben, ist das eine klare Provokation, da dieses Viertel eher alternativ geprägt ist und viele Menschen sich von ihrer Anwesenheit bedroht fühlen.

Nun sollen unsere beiden Genoss*innen aufgrund der Ereignisse im Frankenberger Viertel verurteilt werden. Es ist wieder einmal auffällig, dass die Repression nur die Antifaschist*innen trifft, während die zwei Neonazis sich als Opfer stilisieren können. Bei der Aachener Staatsanwaltschaft ist es schon Tradition, linke Aktivist*innen mit Repressalien zu überhäufen, während die Aktivitäten von Faschist*innen verharmlost werden.

Vor Gericht wird dabei gezielt versucht, antifaschistische Arbeit zu entpolitisieren und als individuelle Straftaten zu verkaufen.

Wir wehren uns gegen diese Darstellung und erklären uns solidarisch mit den beiden Angeklagten.

Die Notwendigkeit antifaschistischer Arbeit liegt auf der Hand, wenn wir uns die gesellschaftlichen Zustände anschauen.

Lasst die Betroffenen nicht allein!

Die Prozesstermine sind am 21.11., 30.11. und 07.12., jeweils um 9 Uhr am Amtsgericht Aachen.

Wir freuen uns über Öffentlichkeitsarbeit, Spenden und natürlich über Leute, die den Prozess vor Ort begleiten.

Zum Nachlesen:

Antifa Recherche Aachen und Umgebung (1.Artikel)

Artikel der Aachener Nachrichten, nach dem Vorfall

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